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Weihnachten
Schon tagelang summte der große Weißdornakazienbaum, in dessen Schatten wir lebten. Er war in voller Blüte und die Bienen hatten viel zu tun. Die Blüten sind fröhlich-gelbe Bällchen. Bei jedem Windstoß schneiten sie herab – das war unser Schnee zu Weihnachten.
Die Pferde liebten die Blüten. Jeden Morgen harkte der Haus- und Hofmeister die Blüten zusammen und warf sie über die Mauer, damit die Pferde sie fressen konnten. Aber oft kamen die Tiere auch die Treppe hinauf und dann saugten sie die Blüten wie Staubsauger in sich hinein.
Ich habe die Blüten probiert. Sie schmeckten eigentlich nach nichts. Nur im Kern waren sie leicht süß. Da war wohl ein Hauch Nektar. Deshalb klebten sie auch , wenn man über sie lief, oder machten die frisch geschenkten Rollerscates des Teenagers von nebenan unbrauchbar und darum harkte der Haus- und Hofmeister sie auch jeden Tag zusammen.
Dieser Baum, der da so stand und gelbe Blüten schneite, machte einen sehr wichtigen Beitrag zu unserem Wohlbefinden auf dem Campingplatz. Sein Schatten war unbezahlbar.
Wir hatten uns einen Wassersack gekauft. Der hing nun von einer Stange am Eingang unseres Zeltes.
Ein Wassersack ist ein Sack aus sehr festem, dicken Leinen. Dort wird Wasser hineingefüllt und dann wird er mit einem Korken verschlossen. Da der Sack nicht ganz dicht ist, wird er feucht, aber er verliert nicht übermäßig viel Wasser. Diese Feuchtigkeit verdunstet und das wiederum führt dazu, daß das Wasser im Sack schön kühl ist – auch bei 37 Grad im Schatten und auch ohne Kühlschrank.
Die seltsamsten Menschen campten im Daan Viljoen Wildpark. Diesmal war es ein Paar aus Windhoek, beide afrikaanssprechend. Das erste, was er aus dem Lieferwagen, mit denen sie kamen, auspackte, war ein großer Pappkarton. In dem Karton waren allerlei Fläschchen, Gläschen und Döschen mit Gewürzen, Kräuter, Ölen und Soßen. Er verteilte den Inhalt des Kartons auf dem Grillplatz, entzündete ein Feuer und begann zu kochen.
Der Zeltaufbau, der parallel zur Kocherei geschah, lag in der Verantwortung der Partnerin. Sie war etwa 60, hatte rotgefärbtes, langes Haar, trug knallpinke Miniröcke und immer einen Schlapphut – mal pink, mal türkis – auch nachts. Zum Zeltaufbau zog sie aber eine Radlerhose unter, damit es nicht blitzte.
Die Campingausrüstung wurde durch eine elektrische Tischlampe, ohne Schirm und mit roter Birne vervollständigt.
Am folgenden Tag lief sie an unserem Zelt vorbei und trug die Lampe ohne Lampenschirm und mit roter Glühbirne. Kurz darauf kam er mit seinem Pappkarton. Dann beide mit einer Tisch-Bank-Klappkombination (ausgeklappt). Schließlich beide nochmal, sie vorne, er hinten, das aufgebaute Zelt tragend. Ganz zum Schluß wurde der leere Lieferwagen vorbeigefahren. Sie zogen auf dem Campingplatz neben uns.
Es hatte nun schon zweimal stark geregnet. Jedesmal waren wir nicht da gewesen. Als wir am 24. Abends aus Windhoek zum Camp kamen, sahen wir, daß die Riviere abgekommen waren und die anderen Camper erzählten von sintflutartigen Regenfällen. In unserem Zelt war alles schön trocken, hatte ich es doch vor unserer Fahrt in die Fahrt regendicht abgespannt.
Am morgen des 25. sahen wir die Ausmaße des Weihnachtsregens. Zwei der drei Riviere, die auf der großen Fläche vor unserem Camp zusammenflossen, waren abgekommen. Auf der Fläche stand Wasser und der Lehmboden war sehr matschig.
Am ersten Weihnachtstag kam halb Khomasdal nach Daan Viljoen. Um uns herum gab es eine große Weihnachtsparty. Die Menschen verwechselten mal wieder die Campingplätze mit den Picknickplätzen. An jeder Feuerstelle stand ein anderes Auto mit offenen Türen. Musik dröhnte aus den Lautsprechern, und jeder hatte natürlich einen anderen Sender. Und auch im Veld, wo es keine Picknickplätze mehr gab, standen Autos unter den Bäumen und wurden die Braaifeuer entzündet.
Mir wurde das alles zu laut und darum packte ich Fernglas, Vogelbuch, Kamera und Wasserflasche und ging auf den Hügel oberhalb des Camps. Oben war Ruhe und Frieden. Mit dem Glas suchte ich die Hügel um mich herum ab. Auf dem einen suchte eine Warzenschweinfamilie eifrig Futter, auf einem anderen tobte eine Zebraherde herum und auf dem dritten dösten Gnus unter einem Baum.
Ich beobachtete, wie sich im Osten, über den Onjatibergen und im Süden, über den Auasbergen große Gewitterwolken aufbauten. Beide Wolkentürme waren bestimmt zehn Kilometer hoch. Als sie dort, über ihren Bergen, anfingen zu regnen, ging ich in den Camp zurück.
Meanwhile, back at the ranch… Anita hatte Spaß ohne Ende. Alle Tagesgäste wollten nämlich zum Schwimmbad und mussten mit ihren Autos über die große Fläche fahren. Die war, wie gesagt, recht matschig und bestimmt 15 Autos blieben stecken. Meistens sind es ja die Frauen, im Festtagsstaat, die schieben mussten und nach der Aktion mit Schlamm vollgespritzt waren.
Als ich ins Camp zurück kam, wollten wir erst kochen, aber die Gewitterwolken über den Auasbergen kamen sehr schnell zu uns rüber. Schon wehte der Wind, der immer vor dem Regen kommt, ein Zeichen, das Zelt regenfest zu machen, d.h. Moon Chairs ins Zelt, Bücher, Fernglas und Kamera einpacken und die Abspannseile checken.
Dann ging es los: ein Regenguss vom Feinsten kam herunter. Viele Picknicker packten ihre Sachen und fuhren wieder weg. Wir saßen trocken im Zelt und harrten aus. Zum Glück war es ein typisch namibischer Regen: kurz aber heftig. Bald war es vorbei. Während des Rest des Nachmittags war es zum großen Teil trocken, wenn man von ein paar vereinzelten Tropfen absah. Es war trocken genug, ein Feuer anzumachen und zu kochen. Schließlich war Weihnachten und da sollte es etwas ganz feines geben: Potjiekos. Damit beschäftigte ich mich die nächsten vier Stunden.
Derweil spielte sich auf der großen Bühne vor unserem Campingplatz wahre Dramen ab. Zwei der drei Riviere kamen wieder ab. Da die Fläche sehr breit war, war die Flut nicht sehr dramatisch, sondern stieg das Wasser langsam, aber sicher und fast unbemerkt. Da die einzige Straße zum Schwimmbad über die Fläche geht, wurde es interessant. Anita machte es sich mit dem Fernglas bequem. Immer mehr Autos auf dem Weg von und zu dem Schwimmbad blieben im Schlamm und Wasser stecken. Die, die schon beim Schwimmbad waren, merkten irgendwann, daß das Rivier tiefer und tiefer wurde und wollten zurück, bevor es nicht mehr ging. Dann gab es noch die Bekloppten mit 4x4s, die mal schauen wollten, wie tief man mit so einem Auto in den Matsch fahren kann, bevor es festsitzt.
Und wir hatten Plätze im 1. Rang ganz vorne! Auch die Omas der Basterfamilie von nebenan schoben ihre Stühle an das Mäuerchen, welches den Campingplatz von der Fläche trennte. Das Mäuerchen eignete sich hervorragend dafür, einen Snack oder Drink abzustellen.
Ich muss ganz ehrlich sagen, daß mir die vielen Menschen, die laute Musik, und der viele Müll, der einfach so hingschmissen wurde (vor allem wo ich gerade am Tag davor mit einer schwarzen Mülltüte bewaffnet die Fläche aufgeräumt hatte), doch irgenwann auf die Nerven ging. Ich vermisste meine Gnuherde und Warzenschweinfamilie! Die Gabelracke ward nicht mehr gesehen und die Paviane waren nun schon den 4. Tag nicht mehr gekommen. Stattdesen dieser Weihnachtsrummel.
Aber um 18:00 reisten die Tagesbesucher ab, es gab einen wunderschönen Sonnenuntergang und die Nilgänse und Waffenkiebitze waren schon zurückgekehrt.
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