Die Dromme

Im südlichen Marienflusstal hatte es in der letzten Regenzeit mehr geregnet. Das goldene Gras stand hoch. Überall gab es Ovahimba-Behausungen, Rinder und Ziegen. Schließlich erreichten wir Rooidrom.
Schon als Kind hatte ich die Wege im Kaokoland auf einer Namibiakarte studiert. Damals gab es Krieg im Norden Namibias und man konnte nicht einfach so dort hinfahren. Aber es war immer ein Wunsch von mir gewesen, diese Wege, deren einzigen Wegweiser bunte Ölfässer sind, zu befahren.
Ursprünglich waren es nur vier Ölfässer gewesen: Rooidrom, Bloudrom, Oranjedrom und Groendrom. Vor ein paar Jahren hatte jemand ein weißes Fass aufgestellt: Witdrom. Daran waren wir bereits vor ein paar Tagen auf dem Weg zum Marble Camp vorbeigefahren.

Rooidrom
Als wir über den Joubert Pass ins Marienflusstal gefahren waren, hatten wir schon das Rooidrom, das rote Fass, gesehen. Vom Rooidrom geht der Weg nach Norden ins Marienflusstal, nach Süden, über den Joubert Pass, zum Marble Camp und nach Westen zum Bloudrom.

Es war nun der Tag angebrochen, an dem wir auch die anderen drei Fässer besuchen würden. Wir schlugen den Weg Richtung Westen ein.
Im Übergang zwischen Marienflusstal und Hartmannstal fanden wir eine künstliche Wasserstelle. Große Plastikfässer waren aufgebaut. Da das Wasser von Camp Syncro nicht trinkbar gewesen war, schauten wir, ob wir hier Trinkwasser bunkern konnten. Aber der Wasserhahn war nicht zu gebrauchen.

Bloudrom

Dann erreichten wir Bloudrom, das blaue Fass. Vorige Reisende hatten das Fass mit einer Satellitenschüssel und einem Münztelefon geschmückt, aber am Fass war auch ein Schild auf dem stand:
„Sorry – No Satellite signal due to permanent ‘Load Shedding’ in this area!”
Wir grinsten über den typischen südafrikanischen Humor.
Vom Bloudrom ging ein Weg nach Süden in Richtung D3707, der zwar weiter als der Weg über den Joubert Pass ist, aber der auch von normalen Autos und LKWs befahren werden kann. Sonst sagte der Wegweiser nur, dass es nach Osten zum Rooidrom und nach Westen zum Oranjedrom ginge.
Oranjedrom

Je weiter es nach Westen ging, desto karger wurde die Landschaft. Während beim Bloudrom noch Mopane-Savanne wuchs, waren beim Oranjedrom – dem orangen Fass -, schon fast keine Pflanzen mehr zu sehen.
Irgendein Witzbold hatte eine Steckdose am Oranjedrom montiert, die natürlich keinen Strom lieferte. Andere hatten das Fass mit großen Steinen, die sie von wer weiß woher gekarrt hatten, beschwert. Die Hörner, die mal am Oryxschädel gewesen waren, waren schon lange weg.

Vom Oranjedrom ging ein Weg nach Norden, ins Harmannstal, ab. Als wir vor ein paar Jahren eine Tour an die Kunenemündung gemacht hatten, waren wir durchs Hartmannstal gefahren und am Oranjedrom vorbeigekommen.
Groendrom
Unser nächstes Ziel, noch weiter im Westen, hieß Groendrom, das grüne Fass.
Nun ging die Landschaft wahrhaftig in Wüste über. Wir sahen die ersten Dünen des Skeleton Coast Parks. Nur noch ein paar Büsche wuchsen hier.

Auf der Tracks4Africa Karte ist der Wegpunkt wie folgt benannt: „Groendrom (Rusted away)“. Vorige Reisende hatten sich gesagt: „Was ist Groendrom, wenn das grüne Fass weggerostet ist?“ und hatten ein neues grünes Fass aufgestellt. So stehen jetzt drei grüne Fässer, eine grüne Wasserschüssel und eine grüne Bierdose bei Groendrom. Eins der Fässer ist aus Plastik. Das wir nicht so schnell wegrosten!


Beim Groendrom war auch eine Holzkiste mit einem Gästebuch. Natürlich haben wir etwas reingeschrieben und die vorigen Einträge gelesen. Dabei haben wir festgestellt, dass etwa alle zwei bis drei Tage jemand vorbeikommt.

Von Groendrom bog der Weg nach Süden in Richtung D3707 ab. Ein weiterer Weg ging nach Norden, an Grenze des Skeleton National Parks entlang ins westliche Hartmannstal. Kurz bevor er den Kunene erreicht, biegt er nach Westen ab, geht über die Dünen der Skeleton Coast bis an die Küste und zur Kunenemündung. Der Weg über die Dünen ist gesperrt. Nur geführte Touren dürfen ihn befahren, aber vielleicht fahren wir irgendwann von Groendrom hoch zum Kunene und dann übers Hartmannstal zurück nach Oranjedrom. Auf dieser Reise war es nicht möglich, da wir nicht genug Sprit dabeihatten.
Kalte und windige Nacht
Wir fuhren weiter in Richtung D3707. Da wir an dem Tag schon so viele Kilometer gefahren und Eindrücke aufgenommen hatten, suchten wir uns einen Platz zum Übernachten. Wir kamen in eine Gegend mit vielen Granithügeln. Der Weg war sehr hügelig und kurvig, aber landschaftlich ein großartiges Erlebnis. Schließlich kamen wir an eine offene Stelle. Dort wollten wir übernachten.
Ein Wind war aufgekommen und ich stellte !Nwassa so auf, dass er sowohl Windschutz als auch Schatten gab. Dann ging ich noch in einem Rivier spazieren.

Die Gegend erinnerte sehr an die Granitberge im Zentrum des Landes. Große Granitkugeln lagen herum, aber der Granit war viel älter und spröder. Ich fand eine kleine Höhle und schaute nach Felszeichnungen, aber der Fels war verwittert und abgeplatzt. Sollte hier je ein Künstler auf die Felsen gemalt haben, so hatte die Natur die Kunstwerke vernichtet.
Auch wenn es hier Wüste war, so gab es doch einiges an Vegetation zu sehen. So sah ich eine schöne Sterculia africana. Alle Pflanzen hatten sich der Wüste angepasst. Wahrscheinlich bekamen sie ihre einzige Feuchtigkeit – abgesehen von einem oder zwei Regenschauern im Jahr – vom Küstennebel, der ab und zu hineinkommt.



Bei Sonnenuntergang war ich zurück im Camp. Der Wind war stärker und kälter geworden und hatte sich gedreht. Im Westen kam Nebel von der Küste auf. Unser Auto gab nicht mehr den optimalen Windschutz. Anita kämpfte mit unserem Gaskocher, bei dem die Flamme immer wieder erlosch.


Wir wissen nicht, ob es der Wind, die Kälte oder die Kartoffelart war: die Rosmarinkartoffeln im Omnia wurden nicht weich. Immer wieder gaben wir ihnen nochmal 20 Minuten. Inzwischen war es dunkel geworden und der Wind blies eisig. Wir verlagerten den Ort des Kochgeschehens in den Windschatten von Chris‘ Auto. Frierend saßen wir und warteten aufs Essen.

Schließlich gaben wir auf und schmierten uns ein paar Brote. Die Rosmarinkartoffeln sollte es dann am nächsten Abend geben.
Schreibe einen Kommentar