Khowarib-Schlucht und Otjitheka Trail
Nach Sesfontein
Nach unserem Ruhetag in Puros fuhren wir am nächsten Tag über die D3707 nach Sesfontein. Die Straße war gut; nur in den Rivieren, die wir immer wieder überqueren mussten, waren wir froh, ein allradangetriebenes Auto zu haben.
Die Straße folgte dem Gomatum Rivier, zuerst in einem engen Tal hoch zur Giribes-Ebene. Dort wurde die Landschaft weiter, bevor es dann wieder bergab ging bis nach Sesfontein.
Hier war die Gegend auch stärker bevölkert als in den Tagen zuvor. Überall gab es Dörfer und Rinder- oder Ziegenherden. Einmal hielten wir bei einer Ziegenherde an. Aus irgendeinem Grund fanden die Tiere die vordere Stoßstange unseres Autos überaus interessant und mussten von dem Ziegenhirten vertrieben werden.
In Sesfontein tankten wir und kauften ein paar Dinge ein. Wir wollten wieder bei der Fort Sesfontein Lodge zu Mittag essen und uns eine große Kocherei am Abend ersparen. Also bestellten wir „Wiener Schnitzel“. Das, was uns serviert wurde, hatte nichts mit dem zu tun, was man im Allgemeinen unter Wiener Schnitzel oder Schnitzel Wiener Art versteht. Es war ein Hühnerschnitzel mit sehr fettiger Panade zu einem saftigen Preis. Dazu kam noch, dass wir sehr lange warten mussten und die Bedienung Anitas Schnitzel vergessen hatte. Alles im allen war es ein Erlebnis, auf dass wir gerne verzichtet hätten. Leider gibt es in Sesfontein kein anderes Restaurant mehr. Als ich mit dem Essen fertig war, kam Anitas Schnitzel endlich. Wir ließen es zum Mitnehmen einpacken und aßen es am nächsten Tag kalt zu Mittag.
Wir übernachteten bei einer unserer Lieblings-Camp Sites, der Khowarib Community Camp Site. Sie liegt am westlichen Eingang zur Khowarib-Schlucht am Hoanib. Diesmal war viel fließendes Wasser in der Schlucht, so dass ich gar nicht weit wandern konnte. Aber es gab auch viele Vögel und ich genoss es unten am Wasser zu chillen.
Khowarib-Schlucht
Wir haben den 4×4 Trail durch die Khowarib-Schlucht schon ein paarmal befahren. Noch nie hatten wir so viel Wasser erlebt. Es war fast, als ob wir durch den Hoarusib Canyon fahren würden.
Auch war nichts von den gefürchteten Staublöchern der Schlucht zu sehen. Vielleicht hatte der viele Regen den Staub weggeschwemmt? Es war jedenfalls ein Genuss, durch die Khowarib-Schlucht zu fahren.
An beiden Seiten des Flussbettes türmen sich riesige Felsenberge auf. In der Mitte der Schlucht gab es einen kleinen Wasserfall, der munter die Felsen hinunter plätscherte.
Außerdem gab es große Schwärme von Blutschnabelwebern. Diese Vögel sind bekannt dafür, in Schwärmen zu fliegen, aber sowas hatte ich in meinem ganzen Birding-Leben noch nie gesehen.
Es war außerordentlich grün. Immer wieder trafen wir auf Rinder- oder Ziegenherden. Seit unserer ersten Reise durch die Schlucht, waren viele Menschen hierhergezogen, hatten sich Hütten und Viehkrale gebaut und ließen ihre Tiere grasen.
Irgendwann war das Flussbett trocken und wir fuhren munter vor uns hin und staunten über die Felsformationen, als wir vor uns braune Tiere sahen. Ich dachte erst, dass es Kälber seien, denn wir hatten ja einige Rinderherden in der Schlucht gesehen, aber diese Tiere hatten kürzere Beine. Anita dachte, dass es Paviane seien, aber sie waren größer und außerdem haben Paviane ein dunkles Fell. Dann erkannten wir sie: es waren Löwen!
In all den Jahren, in denen wir die Riviere des Damaraland und Kaokoland befahren, hatten wir nie die berühmten Wüstenlöwen gesehen. Sie waren eher ein Mythos für uns geworden. Und plötzlich, hier in der Khowarib-Schlucht, wo Menschen lebten, die ihre Rinder und Ziegen weideten, standen drei Löwinnen auf und verschwanden in einer Seitenschlucht. Wir waren baff und vergaßen, sie zu fotografieren. Als wir dann doch die Fotoapparate hochhoben, waren sie schon wieder weg. Chris kam zwei Minuten später an der Stelle an und konnte sie nicht mehr sehen.
Diese Begegnung mit den Löwen, war das eindrücklichste Erlebnis von Anita auf dieser Tour. Auch ich war sehr beeindruckt, aber ich würde später noch etwas erleben, was die Löwen in den Schatten stellen würde.
Klein Serengeti
Wir folgten den Flusslauf aus der Schlucht hinaus und noch ein paar Kilometer weiter. Zwar mussten wir durch tiefen Sand fahren, aber die Alternative außerhalb des Flussbetts ist nicht unbedingt besser, wie wir mal vor vielen Jahren erfahren hatten, als wir uns in den Staublöchern der Beesvlakte festgefahren hatten.
Aber irgendwann mussten wir den Flusslauf verlassen. Wir fuhren einfach den Spuren hinterher, die Vorgänger von uns gemacht hatten. Die Spuren bogen in ein Seitenrivier ab, dass viele Kurven hatte, und in einer Kurve kam ich von der Spur ab und saß fest. Es ist halt keine Sache, ob man festsitzt, sondern wann man festsitzt. Ich buddelte den Sand weg und wir legten unsere Maxtrax-Sand“bleche“ vor die Hinterreifen und kamen wieder raus. Ich fuhr um die nächste Kurve und saß wieder fest, aber diesmal konnte ich rückwärts rausfahren und dann einen festeren Weg fahren. Endlich waren wir aus dem Rivier raus und befanden uns auf festen Boden in der Kleinen Serengeti.
Es war sehr schön, durch die weite Ebene mit hohem Gras zu fahren. Uns erstaunte, dass hier niemand seine Rinder weidete. Dafür sahen wir Zebras und Giraffen. Wahrscheinlich sind wir an vielen Tiere vorbeigefahren, die sich im Gras versteckten.
Der Palmen-Canyon
Unser nächstes Zwischenziel war der Palmen-Canyon auf dem Otjitheka Trail. Chris wollte vorausfahren und war bald verschwunden. Wir nahmen uns Zeit, die Tiere zu beobachten. Aber ein paar Kilometer vor dem Palmen-Canyon holten wir ihn wieder ein. Er hatte wieder Probleme mit einer überhitzten Luftfederung am Discovery und musste warten, bis sich das System abkühlte. Er forderte uns auf, vorauszufahren.
Der Weg zum Palmen-Canyon war sehr steinig und ein wenig kniffelig zu fahren, aber er lohnte sich. Ein schmales Flusstal mit Wasser aus Quellen tat sich auf und hier wuchsen hohe Makalani-Palmen in den Himmel.
Wir merkten, dass wir bald die Zivilisation erreichen würden, denn es gab Mobilfunk-Empfang. Wegen der Berge war der Funkkontakt zu Chris abgebrochen, aber wir konnten per WhatsApp kommunizieren. Er teilte uns mit, dass sein Auto immer noch nicht fahrbereit sei, aber dass wir weiterfahren sollten.
Kurz hinter dem Palmen-Canyon erreichten wir den Veterinärzaun und das Otjitheka-Tor. Der Veterinärzaun geht einmal quer durch Namibia und schützt die Rinder südlich des Zauns vor Maul- und Klauenseuche. Man darf alle Lebensmittel von Süden nach Norden mitnehmen, aber keine Fleisch- und Milchprodukte von Norden nach Süden. Am Tor wurden wir von einem Polizisten und einem Beamten des Veterinäramts angehalten. Sie notierte sich unsere Namen und unser KFZ-Kennzeichen und vergewisserten sich durch einen Blick in unsere Kühlbox, dass wir keine verbotenen Produkte mit uns führten. Wir sagten noch Bescheid, dass Chris mit seinem Schweizer Auto kommen würde und fuhren weiter.
Hoada Camp Site
Kurz hinter dem Veterinärzaun, an der C40, liegt die Hoada Camp Site. Auch sie gehörte zu unseren Lieblings-Übernachtungsplätzen. Dieses Mal wurden wir aber böse überrascht. Seit unserem letzten Besuch vor zwei Jahren hatten sich die Preise von 150 N$ auf 300 N$ pro Person verdoppelt. Außerdem bekamen wir ein Camp ohne Schatten mit sehr unebenem Boden. Das war wohl das letzte Mal, dass wir Hoada besucht haben.
Chris teilte uns mit, dass sein Auto noch immer nicht fahren konnte. Wir schrieben zurück, dass er, wenn er den Veterinärzaun nicht vor Büroschluss erreichen könnte, gut im Palmen-Canyon übernachten könnte. Und dass wir, falls er am nächsten Morgen noch immer festsaß, Hilfe aus Kamanjab organisieren würden. Er hatte schließlich alles dabei, um eine Nacht komfortabel überleben zu können.
Die Sonne war schon untergegangen, als er schließlich ankam. Die Veterinärbeamten hatten ihm den Oryxschädel und Rinderhörner, die er gesammelt und an sein Auto befestigt hatte, abgenommen.
Um zum Badezimmer der Campsite zu gelangen, mussten wir durch ein Zelt gehen. Im Zelt waren zwei Betten und sonst war alles sehr lieblos hergerichtet. Gleich hinter dem Zelt, ging eine hohe Stufe runter. Es kam, wie es kommen musste: Anita fiel hin und schlug sich das Knie und den einen Arm auf. Auch dieses Erlebnis machte uns die ganze Camp Site, die wir immer gern besucht hatten, madig. Wir werden sie nicht wieder besuchen.
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