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Einführung
Ich möchte hier die Chronologie meiner Reise kurz unterbrechen und näher auf die fliegenden Fische eingehen.
Fliegende Fische werden auch – zurecht – Schmetterlinge des Meeres genannt. Ich habe viele tausende von ihnen gesehen und auch mehrere tausend Fotos gemacht. Sie haben uns von Dakar bis Namibia begleitet und mich jeden Tag fasziniert.
Wenn ich auf dem Bug der Bright Sky stand, um fliegende Fische zu beobachten, musste es oft sehr schnell gehen. Die Fische stieben aus dem Wasser und glitten davon, das Schiff bewegte sich nicht nur vorwärts, sondern auch auf und ab und meine volle Konzentration lag in der Fotografie: den Fisch ins Bild bekommen, scharf stellen, abdrücken.
Die meisten Fotos gelangen nicht. Entweder arbeitet der Autofokus nicht schnell genug, oder ich ziehe nicht schnell genug mit, oder der Fisch fällt wieder ins Wasser. So entstehen Bilder wie dieses hier:
Weniger als 10 Prozent der Fotos sind brauchbar. Durch Übung habe ich meine Quote verbessert, aber beim ersten Sichten der Bilder habe ich sehr oft auf die “Löschen”–Taste gedrückt.
Auch wenn ich die Fische nur beobachtete, fielen mir nicht immer gleich die Details auf. Fliegende Fische sind klein, der Bug war 10 m oder mehr über dem Wasser. Ich registrierte meistens nur die Flügel- und manchmal auch die Körperfarbe.
Ich nahm mir vor, die Fische zu identifizieren, sobald ich wieder ins Internet konnte. Ganz bestimmt wird es Webseiten geben, so wie es sie für Vögel gibt, die mich zu jeder Art informieren würden! Dachte ich.
Zu meinem Erstaunen ist die Information im Internet zu fliegenden Fischen sehr knapp. Entweder gibt es Fotos wie meine, aber sie identifizieren die fotografierte Art nicht, oder es gibt detaillierte Beschreibungen, bis hin zur einzelnen Schuppe, aber es gibt keine Bilder, die mir bei der Identifizierung meiner Fische helfen.
Das Problem ist: wissenschaftliche Beschreibungen erfolgen meistens mit toten Tieren. Fliegende Fische verlieren aber ihre Farben, sobald sie sterben. Und ein fliegender Fisch, der seine Flügel ganz ausgebreitet hat, sieht anders aus als ein toter Fisch. Die Realität auf dem Meer und die Realität der Meeresbiologen ist noch nicht zusammengeführt worden.
Bei der Bearbeitung meiner Fotos sind mir viele Details aufgefallen, die ich hoch oben am Bug des Schiffes nicht wahrnehmen konnte. Diese Details, zusammen mit der bisschen Information, die ich finden konnte, will ich hier zusammenfassen.
Namen
Schon allein bei der Bestimmung der Arten gibt es noch viele Ungenauigkeiten. Die Rede ist von 50 bis 70 Spezies.
Manchmal weiß man nicht, ob es sich bei zwei unterschiedlich aussehenden Fischen tatsächlich um verschiedene Arten oder nur um verschiedene Altersgruppen handelt. Fliegende Fische verändern nämlich im Laufe ihres Lebens ihre Farbe.
Die Arten, die von Wissenschaftlern identifiziert wurden, haben selbstverständlich wissenschaftliche Bezeichnung. Aber anders als bei Vögeln gibt es keine deutschen Namen.
Am Ende habe ich den von mir gesehenen Arten meine eigenen deutschen Namen gegeben. Experten mögen mich bitte (!!!) verbessern.
1. Braunflügler
Braunflügler kamen häufig vor. Sie haben dunkelbraune Flügel. Die Flügelrippen sind nicht so deutlich zu sehen wie bei den anderen Arten. Das gibt ihren Flügeln ein glattes, lederartiges Aussehen.
2. Rostflügler
Das ist die Art, die ich am meisten gesehen habe. Sie haben rostbraune Flügel, die mit einem weißen Rand abgesetzt sind.
3. Fensterflügler
Fensterflügler sehen fast so aus wie Rostflügler und vielleicht ist es dieselbe Art. Aber sie haben noch einen helleren Streifen über den Flügeln, der diesen ein “Fenster” gibt. Die Farbe der Flügel ist auch eher hell- als rostbraun.
4. Weißflügler
Vom Schiff aus gesehen hatten diese Fische weiße Flügel, wenn man allerdings genauer hinschaut, sind sie manchmal durchscheinend.
5. Blauflügler
Diese Fische haben wir zwar regelmäßig, aber doch nur vereinzelt und selten gesehen. Ich habe ein einziges Foto, von dem ich meine, dass es ein Blauflügler ist. In meinen Erinnerungen hatten sie allerdings tiefblaue Flügel.
6. Leopardenflügler
Diesen Fisch habe ich ein einziges Mal gesehen und bin glücklich, ihn fotografiert zu haben. Für die paar Sekunden, in denen ich ihn zu Gesicht bekam, sind mir vor allem zwei Dinge aufgefallen: er war sehr groß – doppelt so groß wie die Leder- und Rostflügler und er hatte eine helle gelb-orange–braune Farbe. Dass die Flügel getupft sind, habe ich erst gesehen, als ich mir die Fotos angeschaut habe.
Vier– oder Zweiflügler
Vielleicht ist es schon aufgefallen: Es gibt fliegende Fische, die mit vier Flossen fliegen – ich nenne sie Vierflügler – und welche, die mit nur zwei Flossen fliegen – die Zweiflügler.
Nur die Weißflügler sind Zweiflügler. Alle anderen Arten sind Vierflügler.
Vierflügler haben schlankere Armflossen als Zweiflügler. Dadurch, dass sie auch die Analflossen zum Fliegen ausbreiten, können sie weiter gleiten als Zweiflügler.
Da Vierflügler länger über Wasser bleiben, sind sie einfacher zu fotografieren. Ich musste lange üben, bis ich brauchbare Fotos von den Weißflüglern auf der Speicherkarte hatte.
Wie fliegen fliegende Fische?
Als die Pioniere der Luftfahrt ihre ersten Flugzeuge entwickelten, schauten sie in die Natur, um zu erforschen, wie Tiere es fertigbringen, zu fliegen. Auch wenn Vögel den Wunsch zu fliegen im Menschen geweckt haben mochten, so waren es nicht sie, die das Design von Flugzeugen bestimmten. Der flatternde Flug von Vögeln ist zu ruckelig und braucht zu viel Energie.
Fliegende Fische schlagen nicht mit ihren Flügeln. Sie gleiten.
Der Gleitflug von fliegenden Fischen ist eine ruhige Art des Flugs und er braucht bei weitem nicht so viel Energie.
Es ist daher kein Wunder, dass die Form moderner Flugzeuge der Form der fliegenden Fische ähnelt.
Durch schnelle seitliche Bewegungen des Schwanzes, nehmen sie an Geschwindigkeit zu. Ihr Körper kommt aus dem Wasser hervor, sie breiten ihre Flügel aus und bei genug Geschwindigkeit gehen sie in einen Gleitflug über.
Wenn sie an Höhe verlieren und wieder die Wasseroberfläche erreichen, schlagen sie erneut mit der Schwanzflosse und gewinnen so Auftrieb.
Das Schlagen mit der Schwanzflosse erzeugt das typische Zick–Zack–Muster auf der Wasseroberfläche.
Vor allem die Vierflügler können ziemlich weit fliegen, immer wieder unterbrochen von Schwanzschlägen auf der Wasseroberfläche, um Höhe zu gewinnen.
Aber irgendwann will der Fisch wieder schwimmen oder er stolpert über eine Welle und fällt – mehr oder weniger elegant – ins Wasser. Sofort legt er seine Flügel, die nun wieder Flossen sind, an den Körper und taucht ab.
Möchtest du eine Übersicht aller Beiträge zu meiner Reise auf dem Frachtschiff Bright Sky sehen? Hier geht es zu einem Inhaltsverzeichnis.
Anette Seiler
Anette bereist schon seit ihrer Kindheit das südliche Afrika. Sie liebt es, in der freien Natur zu sein, zu campen, Vögel zu beobachten und offroad zu fahren.
Günter Hupfer says
Schöner “wissenschaftlicher” Beitrag – gut erklärt!
Anette says
Hallo Günter, vielen Dank! In dem Fall habe ich mir mehr von der Wissenschaft erhofft.
Alma says
Wow, so tolle Fotos!🐡