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Beim Frühstück sprechen wir über Wildlife–Fotografie und der Kapitän und ich führen das Gespräch später auf der Brücke fort. Er ist begeisterter Fotograf und besitzt auch eine Nikon D7100 und ein 500 mm Tele. Wenn wir jetzt in wärmere Gewässer kommen, vor allem ab Dakar, können wir mit vielen Tieren im Meer rechnen: Delfine, Wale, Haie, fliegende Fische und, wenn wir ganz großes Glück haben, Schildkröten. Seine Crew hat den Befehl bekommen, alle interessanten Sichtungen zu melden und ich bitte auch benachrichtigt zu werden.
Das Problem mit der Wildlife Fotografie auf einem Schiff ist, dass es nicht anhält. Mit unseren 15 Knoten Höchstgeschwindigkeit sind wir zwar nicht super schnell, aber dennoch sind schnelle Reaktionen gefragt. Er rät mir, mich mit Backbutton–Fokussierung zu beschäftigen. Zurück in der Kabine schraube ich ein Teleobjektiv auf meine Nikon und werde von nun an die Lumix für Weitwinkelaufnahmen benutzen. Ich schaue mir ein paar Videos über Back Button Focus auf der Nikon und Wildlife–Fotografie an. Nun fühle ich mich zumindest technisch besser vorbereitet.
Der Kapitän und sein Management–Team (der Chief Officer und der Chief Engineer) besprechen sich beim Mittagstisch in Polnisch und treffen die wichtigste Entscheidung des Tages: in den Wohnräumen wird die Heizung abgeschaltet. Applaus von allen. Es wird wirklich Zeit.
Die dicke Winterjacke und das Fleece packe ich in den Schrank gepackt und hole meine rote Übergangs–Jacke heraus. Aber ich glaube, dass ich sie ich nicht mehr lange brauche.
Pierre hat Robert gebeten zwei Stühle aufs Außendeck vom D–Deck zu stellen. So können wir Passagiere unsere Zeit an der frischen Luft verbringen. Pierre hat den Nachmittag dort in der Sonne gesessen.
Ich beschäftige mich während des Vormittags damit, die Fotos aus Antwerpen auf meinen Rechner zu laden und auszusortieren. Da ich immer im RAW–Format fotografiere, muss ich sie dann noch mit Software “entwickeln”.
Am Abend gibt es ein typisch polnisches Gericht, dass ich, auf den ersten Blick, nicht als polnisch eingestuft hätte. Pierre spricht von Ravioli, ich denke zuerst an Maultaschen. Es sind Teigtaschen, die gefüllt und dann gekocht werden. Der Koch hat zwei Variationen zubereitet: eine mit Sauerkraut (natürlich!) und eine mit Hackfleisch. Dazu gibt es ein interessantes Heißgetränk, dass man wohl am ehesten als Borschtbrühe bezeichnen könnte. Also eine Brühe aus roter Bete, die aber sehr aufwendig gewürzt ist. Dieses Getränk gibt es in Polen traditionell zu Weihnachten. Die Mannschaft ist begeistert und auch Pierre und ich lassen es uns schmecken.
Nach dem Abendessen bedanke ich mich beim Koch. Er bringt mir eine Küche, die ich noch nicht kannte, näher und bis jetzt hat mir fast alles gut geschmeckt, außer die sehr fettigen Fleischteile ausgerechnet an dem Tag, an dem ich unter Seekrankheit litt.
Kurz vor Mitternacht schaue ich auf meine Navigation-Apps. Unsere Position ist N30° 11.720′ W15° 12.950′. Wir liegen 250 km vor Gran Canaria. Lanzarote ist am nächsten. Nur noch 180 km.
Gestern fing die Wand zum Bad in meiner Kabine an zu klappern. Das nervt mich inzwischen sehr. Ich fühle die Wand in der Türöffnung ab. Sie ist lose und klappert mit den Vibrationen des Schiffes an dem Türrahmen. “It’s made in China”, denke ich. Ich verstehe nun, warum ein Vorgänger von mir Pappe von einer Toilettenpapierrolle zwischen Türrahmen und Wand geklemmt hat. Diese Pappe hat sich wohl langsam nach unten verschoben. Ich krame auch eine leere Toilettenpapierrolle aus dem Müll, zerreiße sie in drei Stücke und klemme diese in den Spalt. Es hilft sofort. Ich habe wieder meine Ruhe.
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Anette Seiler
Anette bereist schon seit ihrer Kindheit das südliche Afrika. Sie liebt es, in der freien Natur zu sein, zu campen, Vögel zu beobachten und offroad zu fahren.
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