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Beim Frühstück sind alle Anwesenden guter Dinge. Die erwarteten Ersatzteile sind soeben eingetroffen. Der Ingenieur meint, dass er und sein Team sie heute Vormittag einbauen können. Heute Nachmittag würde man es testen. Heute Abend soll es losgehen.
Beim Mittagessen diskutieren Pierre und ich über die Bilder in der Offiziersmesse. Im Büro und in den anderen für alle zugänglichen Räume hängt die übliche nichtssagende “Kunst” herum, wie man sie sonst aus Arztpraxen und Bürogebäuden kennt. Hier aber sind Fotografien von Vögeln. Man sieht, dass sie von einem Schiff aus fotografiert wurden. Besonders ein Bild beeindruckt mich. Es zeigt einen fliegenden Pelikan von oben. Aus dieser Perspektive kennt man die Vögel ja gar nicht. Pierre sagt, es ist ein Puffin. Es ist auf keinen Fall ein Puffin! Google wird zu Rat gezogen. Puffins sehen völlig anders aus. Aber ich merke, dass Pierre fast alle Seevögel Puffins nennt. Der Vogel auf diesem Bild ist aber ganz klar ein Pelikan. Ich schaue es mir öfters an, wenn ich auf Robert mit dem Essen warte.
Mittags kommt der Chief Electrician und richtet mir das Satellitentelefonnetz auf dem Telefon ein. Nein, das Smartphone ist nicht plötzlich in der Lage, Signale vom Satelliten zu empfangen. Das Ganze läuft via VoIP und Wi-Fi. Jetzt kann ich mit meinem Smartphone über Satelliten mit der ganzen Welt telefonieren. Die Kosten sollen sich auf 0,05 U$ pro Minute belaufen.
Im Gang vom C–Deck hängt ein Plan vom Schiff – alle Decks und Laderäume sind darauf eingezeichnet. Ich stehe manchmal davor und orientiere mich. Die Bright Sky ist wie folgt aufgebaut:
Die Bright Sky hat sieben obere Decks. Wenn man über die Gangway das Schiff betritt, ist man auf dem Upper Deck. Wenn man eine Treppe hinauf geht, erreicht man das Poop Deck. Von dort aus kann man das Schiffsgebäude betreten. Im Gebäude sind auf der Ebene des Poop Decks die Büros, Aufenthaltsräume, Essräume und die Küche.
Darüber liegen dann aufsteigend die Decks A, B, C und D. Hier ist die Crew untergebracht. Ich habe meine Kabine auf dem C–Deck. Bei mir auf dem Gang wohnen noch der Chief Engineer, der Elektriker und der Koch. Auf der anderen Seite des C–Decks hat der Kapitän seine Räume und Büro.
Auf dem D–Deck gibt es den Aufenthaltsraum der Offiziere, die Owner’s Cabin, also die Räumlichkeiten des Schiffseigentümers und eine Kabine für den Lotsen. Da der Eigentümer des Schiffes nie mitreist, wird in der Owner’s Cabin ein Passagier untergebracht. Sie ist eine Suite mit Wohn– und Schlafzimmer und größer als meine Kabine, die “nur” für den 4. Ingenieur gedacht ist, den es in der Besatzung nicht gibt. Pierre hat sich dort eingemietet.
Ganz oben, über dem D–Deck, ist die Brücke. Von den großen Fenstern dort hat man die beste Aussicht auf das ganze Schiff. An beiden Seiten sind Balkone, die die Mannschaft “Wings”, also Flügel, nennen. Die Balkone dienen nicht nur als Aussichtsplattform für Fotografinnen, sondern wird bei engen Passagen und beim An– und Ablegen auch genutzt, um das Schiff zu steuern.
Es gibt also über dem Upper Deck sechs Stockwerke. Dabei muss man sich die Etagen nicht ganz so hoch vorstellen, wie die Zimmerhöhe eines normalen Hauses. Ich schätze mal die Deckenhöhe in meiner Kabine auf 2,20 m.
Das Upper Deck liegt 16,4 m über der tiefsten Stelle des Schiffes. Wenn die Bright Sky vollgeladen ist, ist die Wasserlinie auf 11,8 m über dem Kiel. Das bedeutet, dass das Upper Deck mindestens 4,6 m über dem Meer liegt.
Begangen werden die verschiedenen Decks über Treppen. Im Schiffsgebäude selbst ist eine Innentreppe, aber auch vom hinteren Deck kann man von außen Treppen bis hoch zur Brücke gehen. Es gibt keine Aufzüge und darum ist eine Reise auf so einem Frachtschiff für Menschen mit Gehbehinderungen nicht machbar.
Man kann vom Poop Deck auch noch in den Schiffsrumpf selbst heruntergehen. Eine Etage tiefer als das Poop Deck und auch tiefer als das Upper Deck befindet sich noch ein für Passagiere zugänglicher Bereich. Hier liegt der Waschraum mit Waschmaschinen und Trockner und der Fitnessraum, der mit einigen Sportgeräten und einer Sauna ausgerüstet ist.
Unter dieser Ebene liegen noch ganz viel wie Tanks und natürlich, mindestens 10 m hoch, der Maschinenraum. Gestern habe ich mit dem Chief Engineer gesprochen. Sobald wir auf See sind und sich die Lage beruhigt hat, dürfen Pierre und ich uns mal das Monster anschauen.
Dieses Schiffsgebäude macht aber nur den kleinsten Platz auf dem Schiff aus. Gerade 18 von den insgesamt 199 m Länge werden davon beansprucht. Nach vorne gibt es fünf große Frachträume. Während der Fahrt sind sie geschlossen und wenn sie offen sind und beladen werden, ist es für uns Passagiere nicht erlaubt, dort spazieren zu gehen. Zu gefährlich ist es unter der schwebenden Last herumzulaufen. Wir dürfen dann gerade mal zur Gangway und wieder zurück.
Nachmittags gehe ich nach draußen, um die Köhlbrandbrücke zu fotografieren. Der Sonnenuntergang gibt sich aber nicht gerade spektakulär. Es ist kalt, aber trocken. An einer Stelle gibt es noch Eis und ich muss aufpassen, dass ich nicht ausrutsche.
Beim Abendessen sagt der Kapitän, dass wir nicht vor Mitternacht auslaufen werden. Am Nachmittag und Abend war die Maschine getestet worden.
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Anette Seiler
Anette bereist schon seit ihrer Kindheit das südliche Afrika. Sie liebt es, in der freien Natur zu sein, zu campen, Vögel zu beobachten und offroad zu fahren.
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