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Heute habe ich verschlafen und das Frühstück verpasst. Gestern habe ich wohl aus Versehen, die Lautstärke des Smartphones auf stumm geschaltet. Jedenfalls hat der Wecker nicht geklingelt. Wenigstens kann ich mir einen Kaffee kochen und holländischen Honigkuchen und Schokolade essen.
Vormittags schaue ich aus dem Fenster und sehe Feuerwehr, Krankenwagen und ein Polizeiauto neben dem Schiff stehen. Ist was passiert? Brennt es? Eine der vorderen Ladeluken ist geöffnet und dort spielt sich das Geschehen ab. Ich kann nichts sehen, beobachte aber dann nach einer Weile, dass Sanitäter, Feuerwehrleute und Polizei wieder von Bord gehen. Später höre ich, dass ein Seemann einen Schwächeanfall hatte. Aber nichts Schlimmes.
Zum Mittagessen kommt ein Chinese an Bord, um mit dem Ingenieur zu sprechen. Ich denke erst, dass er ein Vertreter der Herstellerfirma ist, aber er ist von der Deutschen Lloyd, dem TÜV für Schiffe. Er unterhält sich mit dem Ingenieur über die kaputte Maschine. Wir erfahren, dass die Turbolader auch angegriffen sind und repariert werden müssen. Inzwischen ist von Dienstag als Abreisetag die Rede.
Der Chinese plaudert noch über wie und warum Reedereien Geld sparen und wie die kleinen Reedereien durch die Kampfpreise der Großen kaputtgehen. Dann ist noch die Sache mit den Kapitänen. Ein deutsches Schiff ist rechtlich gesehen deutsches Hoheitsgebiet. Das ist der Grund warum der Kapitän eines deutschen Schiffes deutscher Staatsbürger sein muss. Das Problem ist, dass es kaum deutsche Kapitäne gibt. Die Menschen, die in Nautik ausgebildet werden, brauchen praktische Erfahrung auf einem Schiff, um Kapitän zu werden. Aber, da sie studiert haben, sind sie zu teuer für die Reedereien. Zumindest wurde die Kapitänsregel aufgeweicht – inzwischen muss auf einem deutschen Schiff zumindest ein EU–Bürger Kapitän sein. Der Chinese erzählt aber auch, dass manche mit sehr fragwürdigen Kapitänspatenten eingestellt wurden. So sparen die Reedereien Geld und Geld ist das Wichtigste in der Schifffahrt.
Die Bright Sky ist kein deutsches Schiff, sondern auf den Marshallinseln registriert. Da ist es egal, woher der Kapitän kommt.
Pierre und ich haben auf Google Maps den schnellsten Weg zur Innenstadt gefunden: zu Fuß bei Blohm und Voss vorbei und durch den Elbtunnel durch. Morgen wollen wir dann schauen, ob wir in die Stadt gehen und ein paar Dinge einkaufen können.
Während des Abendessens plaudere ich mit dem Kapitän. Er bestätigt, dass wir frühestens am Dienstag auslaufen werden. Pierre und ich können morgen in die Stadt gehen.
Auf der Reise können wir das Satellitentelefonnetz der Seeleute benutzen. Das ist viel preiswerter als die Satellitentelefonnetze, die ich bisher benutzt habe. Ich habe schon eine App auf mein Mobiltelefon installiert, mit der ich dann über das Satellitentelefonnetz anrufen kann. Pierre spricht davon, dass er vor zwei Jahren 1,50 € für ein vierzigminütiges Gespräch gezahlt hat. Mit den Preisen kann ich gut leben.
Pierre war heute Nachmittag in Hamburg gegangen. Er ist durch den Elbtunnel gelaufen und war begeistert. Das macht mich neugierig und so werden wir morgen auch durch den Tunnel gehen. Es ist sehr glatt. Heute war es den ganzen Tag über nebelig. Bei Temperaturen um die 0 Grad wird es dann rutschig.
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Anette Seiler
Anette bereist schon seit ihrer Kindheit das südliche Afrika. Sie liebt es, in der freien Natur zu sein, zu campen, Vögel zu beobachten und offroad zu fahren.
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