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Reifen sind extrem wichtig, für eine sichere und komfortable Fahrt. Wenn du in Afrika längere Strecken zurücklegen möchtest, solltest du dir Gedanken über die Bereifung deines Wagens machen.
Du solltest zum Thema Reifen in Afrika bedenken:
- In Afrika sind die Straßen anders als in Europa. Ja, es gibt viele Teerstraßen, aber es gibt noch mehr ungeteerte Straßen. Diese sog. Gravel Roads können in einem guten Zustand sein, meistens, und vor allem bei den Sehenswürdigkeiten, die jeder Tourist anfahren möchte, sind sie sehr schlecht. Vielleicht möchtest du auch Offroad über Felsen, durch Sand oder durch Matsch fahren. Du brauchst Reifen, die diesen Umständen entsprechen.
- Wenn man nicht gerade in einer Großstadt ist, kann der nächste Reifenladen hunderte von Kilometern entfernt sein. Zwar gibt es auch in den abgelegensten Winkeln kleine Werkstätten, die dir einen Reifen reparieren können, aber sie haben, wenn überhaupt, nur ein paar neue Reifen vorrätig und dann nicht alle Größen und schon gar nicht von irgendwelchen exotischen Herstellern.
Unsere Reifen haben 45.000 km gehalten. Nun mussten wir neue kaufen.
Den einen oder anderen mag es erschrecken: nur 45.000 km?
Für die Reifen, die wir auf dem Auto haben (BF Goodrich MT) und für die Wege, die wir gefahren sind (u. a. viel Gravel Road und auch Offroad) sind eine Lebensdauer von 45.000 km allerdings völlig normal.
Vor dem Kauf haben wir uns Gedanken über folgende Fragen gemacht:
All-Terrain oder Mud-Terrain?
Keine normalen Straßereifen
Wenn es um die Art der Reifen geht, lassen wir in unseren Überlegungen normale Straßenreifen außen vor. Ja, wir fahren auch relativ viel Teerstraße, aber wir leben in einem Land, in dem es viel mehr Gravelstraßen als Teerstraßen gibt und wir fahren auch sehr gerne mal auf Wegen, die nicht mehr als Straße klassifiziert werden können.
Wir brauchen Reifen mit einem Profil und einer Gummimischung, die mit Schotter, Sand, Felsen und (in geringerem Maße) Matsch klarkommen – aber auch auf einer Teerstraße fahren können. Wichtig ist auch, dass die Reifen verstärkte Seitenwände mit hoher Durchstoßfestigkeit haben, da sie nicht nur von unten mit der Erde Kontakt haben, sondern auch seitlich von Felsen und Ästen beschädigt werden können.
Uns ist bewusst, dass Offroad-Reifen aufgrund einer weicheren Gummimischung schneller ablaufen. Wir müssen uns ja deshalb jetzt nach 45.000 km neue suchen. Aber normale Reifen, die nicht für Offroad geeignet sind, wollen wir nicht haben.
Für uns stellt sich nur die Frage: All-Terrain (AT) oder Mud-Terrain (MT).
All-Terrain-Reifen
AT-Reifen können, wie der Name schon sagt, auf allen Untergründen fahren. Auf einer Teerstraße geben sie eine ruhige und bequeme Fahrt, aber sie sind genauso gut auf Geröll und Schmutz. Für extremes Offroad sind sie nur bedingt geeignet. So haben sie nicht das Profil, dass sich nach einer Schlammdurchfahrt selber reinigt. Sie sind aber schon so konstruiert, dass sie den Fahrer bei leichtem Offroad unterstützen. Ihre Seitenränder sind verstärkt, indem das Profil über die Seite herausgezogen wird, sodass sie auch auf unebenen Boden besser haften.
Mud-Terrain-Reifen
MT-Reifen sind für echtes Offroad konstruiert worden.
Vorteile von MT-Reifen sind, dass sie die beste Haftung auf Offroad haben und durch die verstärkten Seitenwände robuster sind.
Nachteile von MT-Reifen sind, dass sie auf einer Teerstraße lauter sind und dort weniger Haftung und damit einen längeren Bremsweg als die anderen Reifen haben. Weitere Nachteile von MT-Reifen sind ihr höheres Gewicht und höherer Spritverbrauch. Wir sind immer auf der Suche nach Möglichkeiten Gewicht zu sparen und hier könnten wir mal eben 25 bis 30 kg loswerden.
Reifenwahl heißt Kompromisse eingehen
Der Kauf von Reifen ist immer ein Kompromiss zwischen Performance, Sicherheit, Komfort und Benzinverbrauch in verschiedenen Geländen. Folgendes Video demostriert das eindrucksvoll:
Weitere Internetseiten die die Unterschiede gut erläutern:
Mud terrain vs all terrain tyres
The Top Ten Reasons To Buy All-Terrain Tires
Faktoren, die uns bei Reifen wichtig sind
Wir müssen am Ende den für besten Kompromiss finden. Welche Faktoren sind uns wichtig?
- Wir fahren hauptsächlich Gravel und Teerstraßen. Wir mögen leichte Offroad-Trails, wollen aber nicht mehr extrem Offroad fahren. Das spricht für AT.
- Wir suchen sichere Reifen mit kurzem Bremsweg: AT.
- Wir suchen leise Reifen. AT.
- Wir versuchen überall Gewicht zu sparen: AT.
- Wir versuchen schon aus Umweltgründen Benzin zu sparen: AT.
- Wir leben im südlichen Afrika, in einem Land, das trocken ist. Matsch kommt bei uns kaum vor. AT.
Natürlich gibt es Wege, auf denen ein MT sinnvoller ist: Okavangodelta in der Regenzeit oder extremes Offroad. Aber seien wir realistisch: In den letzten 45 000 km sind wir, wenn es hochkommt, vielleicht 100 km solcher Wege gefahren. Das spricht für AT, zumal wir mit AT-Reifen auch solche Wege fahren könnten.
Am Ende ist das Fazit: Wir kaufen AT-Reifen, wenn möglich mit verstärkten Seitenwänden.
Welche Größe?
Die Zahlen auf dem Reifen
Auf jedem Reifen steht eine Reihe von Zahlen, wie z. B. 265/70R16 112T.
Was bedeuten diese Zahlen?
Was bedeuten die ganzen Zahlen auf meinem Reifen? ist eine gute Informationsquelle zu diesem Thema.
Die erste Zahl steht für die Reifenbreite. In diesem Fall sind es 265 mm.
Die zweite Zahl steht für das Verhältnis der Höhe zur Breite des Reifens in Prozent. In diesem Fall sind es 70 %.
R steht für die Kennzeichnung der Bauart. Hier “Radialreifen”.
Die Zahl danach steht für den Felgendurchmesser in Zoll. In diesem Fall sind es 16 Zoll (40,64 cm).
Die 112 in dem Beispiel ist der Tragfähigkeitsindex und ist ein Code für die maximal zulässige Last. Der Code 112 bedeutet, dass der Reifen 1120 kg tragen kann.
Schließlich noch, nach dem Tragfähigkeitsindex das „T“. Das ist der Geschwindigkeitsindex und gibt die Höchstgeschwindigkeit an, die mit diesem Reifen gefahren werden darf. Mit dem Code „T“, dürfen bis zu 190 km/h gefahren werden.
Unsere Reifen bisher
Wir hatten bis jetzt Reifen der Größe 235/85/R16. Den Raddurchmesser können wir wie folgt berechnen, wenn wir die 16 Zoll für die Felge in 406 mm umrechnen:
(235 * 0,85) * 2 + 406,4 mm = 805,9 mm Raddurchmesser.
Als wir das Auto bei Nissan kauften, wollten wir BF Goodrich-Reifen und unserer Händler hatte die Reifen in dieser Größe aufziehen lassen. Das war keine gute Idee. Das Rad hat einen viel größeren Durchmesser als empfohlen. Ein größerer Durchmesser führt dazu, dass das Getriebe, und damit die Übersetzungen, anders funktioniert, als es soll. Das Auto ist träge beim Anfahren, die Übersetzung in Low Range Drive ist nicht so niedrig, wie sie sein sollte, der Benzinverbrauch ist höher. Die andere Übersetzung der Gänge kann zu einem Schaden im Getriebe führen. Alle diese Nachteile wiegen nicht den Vorteil der höheren Bodenfreiheit auf.
Wir hatten uns deshalb vorgenommen, als nächstes Reifen in der vom Hersteller empfohlenen Größe zu installieren.
Von den befragten “Experten” wurde uns aber die Größe 265/75 empfohlen. Auch hier können wir den Raddurchmesser berechnen:
(265 * 0,75) * 2 + 406,4 mm = 805,9 mm Raddurchmesser.
Da ist kein Unterschied zu den Reifen, die wir gerade aufgezogen haben.
Vom Hersteller empfohlen
Nissan empfiehlt in seinem Handbuch für unser Auto die Größe 255/70/R16. Der Raddurchmesser ist also:
(255 * 0,70) *2 = 357 mm + 406,4 mm = 763,4 mm Raddurchmesser.
Das macht einen Unterschied von 43 mm Durchmesser zu unserem bisherigen Reifen. Dadurch büßen wir eine Bodenfreiheit von 21,5 mm ein.
Bei meiner Recherche merkte ich aber bald: 255/70/R16 sind nicht so einfach zu finden. Ich fragte bei anderen, die mehr Erfahrung im Reifenkauf haben, nach und bekam die Information, dass sie nie 255/70/R16 kaufen würden, da sie nur in großen Städten verkauft werden, nicht aber in einer kleinen Reifenreparaturwerkstatt in der tiefsten Wildnis. Wenn wir also einen neuen Reifen brauchen würden, wären wir aufgeschmissen. 265/70/R16 dagegen sind in einer sehr viel größeren Auswahl verfügbar. Sie sind die normalen Allround-Reifen im südlichen Afrika.
(265 * 0,70) * 2 + 406,4 mm = 777 mm Raddurchmesser
sind etwas größer als die von Nissan empfohlenen Reifen, aber nicht ganz so überdimensioniert wie die BF Goodrich, die wir bis jetzt aufgezogen hatten.
Wir haben uns entschieden, die Größe 265/70/R16 zu nehmen.
Welcher Hersteller?
BF Goodrich-Reifen sind cool. Das Profil macht was her!
Muss es aber BF Goodrich sein, zumal Reifen von diesem Hersteller auch teurer als die meisten anderen Reifen sind? Wir sind aus dem Alter raus, wo Coolness der ausschlaggebende Faktor ist.
Bei unserem vorigen Auto haben wir auch die Erfahrung gemacht, dass man mit BF Goodrich Reifengrößen auch seine Probleme haben kann. Oft werden BF Goodrichs in amerikanischen Maßen verkauft. Die Breite wird in Zoll anstatt Millimeter angegeben. Es ist dann schwierig, Reifen von BF Goodrich Reifen anderer Hersteller mit anderen Größenbezeichnung zu kombinieren. Wenn wir jetzt irgendwo im Kaokoland einen neuen Reifen kaufen müssten, würden wir kaum BF Goodrich finden, sondern müssten einen Reifen eines anderen Herstellers nehmen, der eventuell etwas kleiner oder größer ist. Diese Mischung von Reifengrößen geht im äußersten Notfall, tut dem Auto aber nicht gut.
Aus diesem Grund wollten wir uns mal die Reifen anderer Hersteller anschauen.
Wir haben eine Umfrage im Bekanntenkreis gestartet und auch Mitarbeiter der Werkstätten unseres Vertrauens befragt. Ergänzt wurden diese Aussagen von einem Test von Allrad-Reifen von der Zeitschrift SA 4×4 aus dem Jahr 2018.
Mehrere haben gesagt, dass BF Goodrichs durchaus gute Reifen sind, haben aber zu All-Terrain statt Mud-Terrain geraten. Wir können uns auch nicht über die Reifen beschweren. In den 45.000 gefahrenen Kilometern hatten wir keine einzige Reifenpanne.
Andere Hersteller, die genannt wurden, waren:
- Bridgestone Dueler AT
- Goodyear Wrangler
- Pirelli Scorpion
- Hankook Dynapro
- Michelin LTX
Von folgenden Reifen wurde uns abgeraten
- General Grabber (trotz der guten Reviews musste ein Freund drei seiner Reifen nach 15 000 km ersetzen)
- Pirelli Scorpion (nicht für den extremen Gravel auf namibische Straßen geeignet)
Übrig bleiben also
- BF Goodrich AT
- Bridgestone Dueler AT
- Goodyear Wrangler
- Hankook Dynapro
- Michelin LTX
Am Ende nehmen wir…
Nun ging es nochmal ins Internet. Ich las viele Reviews der verschiedenen Reifen. Welcher Reifen würde am besten für uns und den Straßen, die wir befahren sein?
Außerdem musste ich herausfinden, welche Reifen ich hier in Windhoek, Namibia kaufen kann. Dabei stieß ich auf ein Angebot der Goodyear Wrangler-Reifen. Diese Reifen sind auch an den Seiten mit Kevlar verstärkt. Die Reviews im Internet waren sehr gut.
Nach einer Nacht alles überschlafen, machte diese Entscheidung immer noch am meisten Sinn. So holten wir uns sechs neue Goodyear Wrangler All-Terrain Adventure.
Ja, wir kaufen sechs Reifen, da wir zwei Reservereifen haben. Alle fünf- bis zehntausend Kilometer werden die Reifen rotiert, sodass alle gleichmäßig ablaufen.
Natürlich achten wir darauf, dass wir immer den richtigen Reifendruck haben, so wie hier beschrieben: Der richtige Reifendruck beim Offroad-Fahren.
Wir hoffen mit unserer Wahl, dass wir sicher, leise und mit niedrigerem Spritverbrauch mehr als 50.000 km fahren können.
Zu dir: Hast du Erfahrung mit Offroad-Reifen? Welche Reifen hast du gewählt und warum? Schreibe es uns ein Kommentar.
Anette Seiler
Anette bereist schon seit ihrer Kindheit das südliche Afrika. Sie liebt es, in der freien Natur zu sein, zu campen, Vögel zu beobachten und offroad zu fahren.
Herbak, Zsolt says
Hallo Anette,
dein Beitrag über Reifenauswahl in Afrika hat mich beeindruckt.
Deshalb meine Frage: Kann man die Reifengröße 335/80R20 MPT Reifen in Namibia oder Süd Afrika kaufen. Welche Händler würdest du empfehlen.
Wir planen auch eine Reise, aber bis wir in Süd Afrika ankommen, werden die Reifen schon 40.000 km draufhaben und wir brauchen dann dringend Ersatz.
Über deine Einschätzung würde ich mich freuen.
Mit besten grüßen : Zsolt
adminOutInAfrica says
Hallo Zsolt,
schaue mal auf die Website von Tiger Wheels and Tire. Das ist der größte Reifenhändler zumindest hier in Namibia.
Ich habe bei uns auch über größere Reifen nachgedacht, aber mich dann für eine Größe entschieden, die man überall kaufen kann. Es könnte ja sein, dass wir in einem kleinen Kaff ganz weit weg von der Zivilisation einen neuen Reifen brauchen, und dort gibt es vielleicht einen Reifenhändler, aber keine exotischen Größen.
Und wir haben immer zwei Reserveräder dabei.
Viel Spaß bei der Vorbereitung!
Anette
P. says
Hi zusammen,
in 2013 bin ich mit Cooper S/T max um´s Schwarzmeer gefahren. 265er mit R16 auf einem einem 110er Td4 (permanent Allrad + Achssperren). In den rumänisch ukrainischen Waldkarpaten, dem russischen Kaukasus und insbesondere in den Tiefschlammpisten Georgiens hat sich der Reifen super bewährt. Keine Pannen und kein Windeneinsatz, immer spurstabil.
In 2017 bin ich mit BFG 3 ATs (285/75 R16) durch Zentralasien in die Mongolei und weiter bis zum Baikal bevor es durch Russland zurück ging. Meine Überlegungen waren wie oben beschrieben. Das Fahrzeug war nun ein 3.5 t HZJ78 mit Zuschaltallrad und Achssperren. So kamen jetzt relativ neue BFG AT3 zum Einsatz, in der verstärkten Variante. Auf trockenem Untergrund war es anfangs ok, aber im einsetzenden Regen gab es dann kaum noch Seitenhalt auf den Pisten der Mongolei und querbeet wurde es zum Gruseln. Wieder in Russland dann noch ein Plattfuß in der Lauffläche. Zuvor auf Kasachstans Lochpisten und dem Pamir HWY 41 auch schon erste ausgebrochene Profilblöcke – in zunehmendem Ausmaß. Die Hinterreifen waren nach den 25.000 km zurück in D restlos fertig!
Die geplante Afrika Nord-Süd Reise gehe ich nun bald mit eingefahrenen General Grabber x3 an, die mir bisher einen super Eindruck hinterließen und noch keinerlei Schwächen oder gar Schäden gezeigt haben.
Gruß P.