Flaschenpost
Mutter hat beim Einsammeln von Müll am Strand eine Flasche gefunden. Drinnen ist ein Brief. Flaschenpost!
Die Flaschenpost wurde von Chiara bei Meile 108 ins Meer geworfen.
Anfang Januar 2020 wurde sie von Sharzaan wieder bei Meile 108 gefunden. Und nun Mutter – immer noch bei Meile 108.
Auf die starke Benguela-strömung ist gar kein Verlass die Flasche in die weite Welt zu bringen.
Mutter schreibt einen dritten Brief und wir überlegen, ob wir die Flasche hier bei Meile 108 ins Wasser werfen wollen, oder doch lieber woanders.
Michael fängt Fische
Es ist unser letzter Tag. Am Nachmittag wollen wir so langsam anfangen, die Sachen, die wir nicht mehr brauchen, einzupacken. Aber jetzt ist noch früher Morgen und da wollen wir noch Urlaub machen.
Heiko hat zwar zwischendurch gleich bei unseren Strandabschnitt geangelt, aber außer einem großen Hai, der einen schönen Kampf gegeben hat, nichts gefangen. Der Hai wurde wieder in den Ozean in die Freiheit entlassen.
Jetzt ist aber noch eine Menge Fischköder übrig. Der muss verbraucht werden. Beim Frühstück besprechen wir, dass wir alle zusammen mit zwei Autos die Küste hoch fahren werden. Vielleicht ist woanders mehr Anglerglück.
Da wir am Strand fahren wollen, müssen wir Luft aus den Reifen lassen. Als ich zu unserem linken Vorderreifen komme sehe ich, dass er einen Plattfuß hat. Da ist, laut Lutfdruckmessgerät, nur noch 0,5 Bar drin.
Wie konnte das passieren? Die Reifen sind neu und wir sind nirgendwo gefahren, wo es spitze Steine oder Dornen gab. Dann sehen wir, dass das Ventil nicht so sitzt, wie es soll, drehen es wieder richtig rein und pumpen mit dem Kompressor Luft in den Reifen.
Schließlich haben alle Reifen den richtigen Druck und es geht los. Zuerst fahren wir am Strand entlang, später dann auf der C34 bis zum Wrack der Winston.
Es ist erstaunlich, wie sehr sich der Strand in einer Woche ändern kann. Das Wrackteil, das letzte Woche noch ziemlich weit von der Hochwasserlinie entfernt war, ist jetzt viel näher am Wasser und das, obwohl wir gerade Ebbe haben.
Wir schwärmen aus. Anita geht schwimmen, Mutter sammelt Müll ein, Lettie unterhält sich mit der Frau eines anderen Anglers (der bis jetzt nur einen Hai gefangen hat), Heiko und Michael bereiten die Angel vor und ich gehe am Strand spazieren.
Ich stelle mir vor, wie es ist, wenn man mit einem Schiff strandet und dann hier landet. Einerseits hat man Glück, dass man nicht ertrunken ist, anderseits steht man dann hier am Rand der Wüste. Es ist heiß. Schon ein paar Schritte vom Strand entfernt kann ich barfuss nicht mehr laufen. Der Sand glüht. Der Brandberg ist klar im Osten zu sehen – 80 Kilometer entfernt. Zwischen der Küste und dem Berg ist leblose Wüste: Schotterebenen, Granitfelsen. Die einzigen Pflanzen, die hier leben sind Welwitschias und Dollarbüsche. Kein Baum, kein Wasser.
Zum Glück ist die Skeleton Coast hier, an diesem Küstenabschnitt zivilisiert. Die C34 ist in der Nähe. St. Nowhere ist 14 km entfernt, das Tor zum Skeleton Coast Park 12 km. Täglich kommen hier Touristen und Angler vorbei. Hier werden die Überlebenden eines gestrandeten Schiffes noch gerettet. Problematisch wird es erst weiter nördlich, zwischen Möwe Bay und der Kunenemündung.
Ich genieße nochmal einen Spaziergang am Strand. Direkt am Wasser ist der Sand kühl. Manchmal laufe ich durch Wasser. Überall liegen Muscheln, Seegras und anderes Treibgut herum. Ich atme die frische Seeluft ein und genieße die angenehmen Temperaturen.
Zurück beim Auto erfahre ich, dass die Angler erfolgreich waren. Ein paar Katfische wurden schon gefangen.
Michael darf die Angel halten und er ist erfolgreicher als sein Vater. Bei den Katfischen steht es 3 zu 1 für ihn. Er strahlt. Heute hat er zum ersten Mal Fische aus dem Meer gezogen.
Anita und ich spannen die Markise von unserem Auto auf und dann setzen wir uns in den Schatten, beobachten Vögel und die Angler.
Ich gehe wieder am Strand spazieren. Als ich zurückkomme sind alle in heller Aufregung. Michael hat einen Kabeljou (Afrikanischer Adlerfisch) gefangen. Diese Fische lassen sich nicht so einfach fangen. Sie kämpfen wie die Haie. Und dann ist das noch ein richtig schöner großer Fisch, von denen sicher 4 Menschen satt werden können. Wir sind begeistert und Michael ist sehr stolz.
Wir trinken ein paar Cooldrinks. Heiko und Michael fangen noch ein paar Katfische und dann ist wieder ein richtiger Kämpfer an der Leine. Hai? Kabeljou? Heiko übernimmt die Angel und rollt die Leine ein. Es ist nur ein Hai. Der Hai schlägt um sich. Es ist schwierig ihn so zu fixieren, dass Heiko den Angelhaken entfernen kann.
Endlich ist der Haken los und der Fisch wird wieder ins Meer geworfen. Er ist erschöpft und ein wenig desorientiert und wird noch einmal von der Brandung an den Strand gespült Heiko tut ihn nochmal ins Wasser und dann ist er weg.
Wir müssen noch die Flaschenpost abschicken. Die Flasche mit den inzwischen drei Briefen haben wir mitgenommen und wollen sie hier, bei der Winston, dem Meer übergeben. Michael watet in die Brandung und wirft die Flasche über die brechenden Wellen. Nun hoffen wir, dass die Strömung die Flasche ein wenig ins Meer zieht und mitnimmt. Wird die Flasche je wiedergefunden werden? Für die nächsten 800 km nach Norden muss sie an menschenleerer Wüste vorbei.
Am Mittag ist der Fischköder alle. Heiko nimmt die Fische aus. Wir packen unsere Sachen ein und nehmen Abschied vom Strand.
Auf dem Rückweg fahren wir bei St. Nowhere vorbei. Vielleicht können wir einen Kaffee im Restaurant zu uns nehmen? Aber es ist Mittagszeit und alles ist geschlossen.
Zwischen St. Nowhere und der C34 liegen große Salzpfannen. Auf der einen Seite sind sie schon getrocknet, auf der anderen Seite ist noch Wasser. Hier sind die Salzkristalle noch orange. Später, wenn das Wasser vertrocknet ist, verschwindet die orangene Farbe.
Abschied
Am Nachmittag packen wir ein paar Sachen ein. Anita und ich haben ja unser großes Zelt dabei, aber im Vergleich zur Ausrüstung vom Rest der Familie, ist es relativ wenig. Wir sind entspannt und lassen uns nicht unsere Urlaubslaune verderben.
Am Abend kommen zwei Dinge zusammen, auf die ich schon 14 Tage gewartet habe: wir haben einen Sonnenuntergang ohne Nebel und wir haben tiefste Ebbe. Ich wollte immer schon mal ein Langzeitbelichtungsfoto von der Brandung machen und baue mir Stativ mit Kamera auf.
Am nächsten Morgen wird nicht groß gefrühstückt, denn ein voller Bauch packt nicht gern.
Anita und ich sind ein gutes Team und unser Auto ist in zwei Stunden fertig gepackt. Okay, mit dem Zelt haben wir es nicht ganz so genau genommen. Es soll in Windhoek sowieso gereinigt werden und da brauchen wir es nicht ganz so ordentlich zusammenzufalten.
Der Rest der Familie hat noch viel zu tun und wir packen mit an. Die Heringe, die wir vor 14 Tagen kaum in den Boden schlagen konnten, bekommen wir nun sehr schwierig wieder heraus. Wir wickeln Schnüre auf und falten Zeltteile zusammen. Endlich, am Mittag ist alles verstaut und wir können losfahren.
Wir nehmen schweren Herzens Abschied von Meile 108. In den letzten zwei Wochen haben wir uns hier sehr wohlgefühlt und uns richtig gut erholt. Wir hätten noch eine Woche oder zwei dranhängen können und planen jetzt schon, Anfang nächsten Jahres wieder als Familie hier Urlaub zu machen.
- Meile 108 – Teil 1
- Meile 108 – Teil 2
- Meile 108 – Teil 3
- Meile 108 – Teil 4
- Meile 108 – Teil 5
- Meile 108 – Teil 6 – Messumkrater
- Meile 108 – Teil 7 – Mineralienroute
- Meile 108 – Teil 8 – Cape Cross
- Meile 108 – Teil 9
- Meile 108 – Teil 10
Anette Seiler
Anette bereist schon seit ihrer Kindheit das südliche Afrika. Sie liebt es, in der freien Natur zu sein, zu campen, Vögel zu beobachten und offroad zu fahren.
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