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Restaurant-Besuch mit Dosendeckel-Doris
Am letzten Tag vor unserer Abreise ging ich nach dem Frühstück nochmal zum Augeigas-Stausee, dem größten im Park. An dem Tag gab es keine Tagesbesucher. Es war sehr still und friedlich am Wasser und ich konnte meine Daan Viljoen-Vogelliste verlängern. Buntastrild, Rotstirnbartvogel, Angolagirlitz, Priritschnäpper und Kapammer gesellten sich zu den alten Bekannten, die uns schon fast zwei Wochen begleiteten: Nilgänse, Maskenweber, Bülbül, Mahaliweber, Kurzzehenrötel, Streifenschwalbe und Meisensänger. Ich würde diese Vogelvielfalt des Parks vermissen.
Am Abend gingen wir zum Restaurant. Der Oberkellner hatte mich am Morgen bei der Pavianmutter-Tupperdosen-Schlacht gesehen. Und wir waren wohl auch Gesprächsthema bei den vielen Angestellten im Park. Er begrüßte uns freudig lächeln und sagte: „Endlich kommt ihr mal zu uns ins Restaurant. Nun seid ihr schon so lange da, und nie wart ihr hier.“ Ich sagte: „Heute haben wir nichts mehr zu essen bei uns im Zelt, deshalb sind wir hier.“
Es ist, von der Lage her, ein außergewöhnliches Restaurant. Es liegt hoch oben im Khomas-Hochland und ganz Windhoek liegt einem zu Füßen. Wir bekamen einen sehr schönen Platz mit Blick auf Windhoek bei Nacht.
Der Kellner brachte uns die Speisekarte und dann ging es los:
„Ich hätte gern ein Tafel Lager zu trinken.“ sagte ich.
„Tut mir leid, das Tafel Lager ist aus.“
„Habt ihr Windhoek Draught?“
Draught-Bier ist, wie der Name schon sagt, ein Faßbier.
„Ja, aber nur in 500 ml Dosen.“
Nun, es war ein sehr kleines Faß, aber ich nahm es. Anita wollte einen Rotwein. Auch den hatten sie nicht. Den anderen auch nicht. Wir vereinbarten, daß er mal schauen, was da sei und einen trocknen Roten bringen würde. Dazu eine Flasche Wasser. Der Rotwein hatte, wie es sein musste, Zimmertemperatur, d.h. er war etwa 30 Grad warm. Aber Anita trank ihn trotzdem.
Weiter zum Essen. Grundsätzlich ist es einfacher, nicht auf die Karte zu schauen, denn die Hälfte der Dinge sind eh nicht da, sondern einfach zu fragen, was denn heute, an dem Tag da sei und dann zu bestellen. Das Essen war sehr reichlich und schmeckte auch gut, aber nun nicht so, daß dieses Restaurant je eine Haube oder Stern bekommen würde. Dennoch gefiel es uns dort.
Außer uns gab es nur noch einen anderen Tisch mit Gästen: Chinesen, die wohl in den Bungalows wohnten und es fertigbrachten, auch Steak und Pommes zu schlürfen. So hörte es sich jedenfalls an. Wir hatten gerade bestellt und nippten an unseren Getränken, da ging die Tür auf. Hinein kam Dosendeckel-Doris Freundin. Wir nahmen an, dass sie sich auch an einen der vielen freien Tische mit Aussicht über Windhoek setzen würde, aber nein, sie setzte sich mitten in den Raum mit Blick auf eine weiße Wand. Natürlich begannen Anita und ich zu tuscheln:
„Was für ein seltsames Paar! Sie gehen noch nichtmal gemeinsam essen!“
„Vielleicht ist es nachts im Zelt so eng, dass sie, wenn sie wach sind, so viel wie möglich Abstand zwischen sich bringen.“
Kaum hatten wir es ausgesprochen, ging die Tür auf und Dosendeckel-Doris kam hinein. Ihre Freundin trank schon einen Appletiser als Aperitiv. Doris schaute kurz auf die Karte und bestellte dann was. Wir merkten zwei Dinge: sie kann durchaus auch normal sprechen und sie und ihre Freundin sind deutschsprachig. Aber sie sprachen nicht mehr länger. Doris wollte raus auf die Terasse und sich die Aussicht auf Windhoek anschauen, während sie auf das Essen wartete. Es gab nur ein Problem: die Terassentür befand sich direkt neben unserem Tisch. Sie zog es vor, wieder vorne durch die Eingangstür zu gehen, dann einmal ums Haus herum und dann auf die Terasse. Der Kellner schaute uns leicht verwirrt an, hatte er ihr doch freundlich gewunken und ihr den Weg gezeigt. Ihre Freundin blieb sitzen, sah sich die weiße Wand an, und schwieg.
Wir gingen dann auch bald nach dem Essen. Wenn nämlich Dosendeckel-Doris mit ihrer Freundin im Restaurant war, konnten sie ja nicht in den Sanitäranlagen sein: wir würden ungestört duschen können.
Am Abreisetag unternahmen wir noch einen Abschieds-Game Drive. Und dann wurden wir die verrückten Touristen. Ich wollte das schwere Zelt nämlich in Windhoek nicht wieder zum Reinigen aufbauen, und so wurde alles an Ort und Stelle erst sauber gemacht und dann verpackt. Das dauerte natürlich ein paar Stunden länger als sonst. Es wurde sehr sehr heiß. Zum Glück hatten wir unseren Kühlschrank und hielten den auch bis zu guter Letzt am Strom angeschlossen. So hatten wir immer kalte Cola und Wasser. Dann trat ich, die ich, wie die letzten zwei Wochen fast immer, barfuß herumlief, in eine Wespe, die mich auch prompt in den Zeh stach. Es tat sehr weh aber noch mehr ärgerte ich mich, über den Horror, der mir immer nach einem Wespenstich kommt: Allergie, angeschwollene Gliedmaße, Arztbesuch, Apothekenrechnung, Anwendungen. Tagelanger Spaß eben. Anita tat Zwiebelsaft drauf und dann tat es nicht mehr weh. Das Erstaunliche war: nichts der üblichen Symptome trat ein. Vielleicht reagiere ich nur auf europäische Insekten so allergisch?
Irgendwann war dann alles verpackt und im Auto und Anhänger verstaut. Mit einem wehmütigen Herzen nahmen wir Abschied vom Daan Viljoen Wildpark. Es war eine so ruhige, erholsame, spannende, verrückte Zeit gewesen. Tiere und Menschen waren uns ans Herz gewachsen. Wir vermissen es.
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